Joseph Weißenberg und die Bibel

Lebenslanges Eintreten für die Luther-Übersetzung

"Die Bibel ist die Richtschnur der menschlichen Daseinsstufe."

Dieser Satz Joseph Weißenbergs gehört zu den Kernaussagen seiner Lehre, mit der er die Menschen wieder auf den Weg zu Gott führen wollte.

Von Anfang an ging es ihm nicht allein darum, Menschen von ihren körperlichen Leiden zu heilen, sondern sie auch wieder zu einer fröhlichen, positiven Lebens- und Glaubenshaltung zu erziehen.

Aus diesem Grund verordnete Joseph Weißenberg auch das regelmäßige Lesen in der Bibel. "Wer in Bedrängnis ist, möge aufschlagen die Heilige Schrift, damit er Erlösung und Ruhe findet", sagte er 1926 im Anschluss an eine Versammlung seiner Anhänger. Mitgliedern seiner Kirche verordnete er: "Dann lest ihr noch im Gesangbuch zwei bis drei Lieder, wie ihr sie nach dem Beten aufschlagt, und lasst das Gesangbuch über Nacht aufgeschlagen liegen. Ebenso macht ihr es mit der Bibel, in der ihr ein bis zwei Kapitel in der Woche lest. - Wenn das richtig gemacht wird, bleibt der Segen nicht aus. Ich wirke ein!" Ein anderes Mal mahnte er Menschen: "Die Bibel liegt bei euch verstaubt im Kasten, und die muss wieder auf den Tisch des Hauses."

Doch es sollte nicht irgendeine Bibel sein, sondern die Lutherbibel. Zu den Menschen, die als Patienten zu ihm kamen, hat er immer wieder gesagt:

"Schaffen Sie sich eine Bibel an, aber die richtige, die evangelisch-lutherische und mit Apokryphen. Denn es sind in den Bibeln schon einige Veränderungen vorgenommen worden. Darum sehen Sie zu, dass Sie möglichst eine ältere Ausgabe bekommen. In diesen Bibeln steht noch der Urtext, wie ihn D. Martin Luther richtig übersetzt hat. Darum achten Sie auf meine Worte: Es wird bald eine Zeit kommen, wo es überhaupt keine Bibeln mehr geben wird. Dann werden die Menschen ein großes Verlangen danach haben, aber es ist diese Bibel, von der ich spreche, nicht mehr zu haben. Wenn dann später wieder welche gedruckt und herausgegeben werden, wird die heutige moderne wissenschaftliche Theologie vieles darin verändern."

So sehr ihm das Lesen in der Bibel am Herzen lag, so sehr verurteilte Joseph Weißenberg den heuchlerischen Umgang mit ihr: "Es sind mitunter erbärmliche Menschen, die fortwährend die Bibel nehmen oder das Gesangbuch. Das ist Unsinn. Es heißt: 'Zwei Lebensstützen brechen nie, Gebet und Arbeit heißen sie.' – So soll man also auch die Arbeit nicht vergessen. Es ist traurig, wenn manche Menschen sagen: 'Ich kann nicht arbeiten, ich muss beten oder ich muss in der Bibel lesen.' Das ist der größte Blödsinn der Welt. Und merken Sie sich, dass das nicht zum Segen gereicht, sondern zur Ungnade. Denn es heißt: 'Es zählt sich mancher zu den Frommen, der stundenlang Gebete spricht, jedoch der Herr erhört sie nicht.' – Darum gehen Sie in sich und denken Sie darüber nach. Sagen Sie es Ihren Geschwistern allen, die da immer sagen: Ich will beten, beten! Nein, auch arbeiten! Denn ich will auch fromm werden, aber ich darf darüber die Arbeit nicht vergessen."

Für die Heilige Schrift hat Joseph Weißenberg sein Leben lang gekämpft. Um die Jahreswende 1910 / 1911 wandte er sich an Papst Pius X. und forderte von ihm die Freigabe der Bibel, "damit jeder Mensch darin forschen und lesen kann zu seiner Seelen Seligkeit und alle Menschen und Geister vom Irrtum frei werden", hieß es in dem Brief. In einem folgenden Gespräch mit dem katholischen Propst Ahlisch wiederholte Joseph Weißenberg seine Forderung, die Heilige Schrift freizugeben: "Es gibt nur die eine richtige Bibel, das ist die evangelisch-lutherische Bibel; auf diese berufe ich mich und handle danach und diese meine ich, soll der Papst freigeben." Der Propst antwortete erregt: "Herr Weißenberg, die Bibel können wir den Menschen nicht geben, da stehen zu viel Schweinereien drin!" Joseph Weißenberg entgegnete ihm: "Die Bibel ist ein kristallklarer Spiegel, aber schaut ein Schwein rein, schaut ein Schwein raus."

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten musste Joseph Weißenberg noch einmal für die Bibel und ihre freie Verkündung streiten – und leiden: Die braunen Machthaber warfen ihm vor, er bilde einen Staat im Staate. Sie verlangten, das Alte Testament und die Geistfreundreden aus der johannischen Verkündigung zu entfernen. Joseph Weißenberg trat aber ganz entschieden für die Unteilbarkeit der Lutherbibel und die Fortsetzung der Geistfreundreden ein. Für diese aufrechte Überzeugung musste er Gefängnis, Folter und Verbannung erdulden.

In einer Geistfreundrede hieß es hierzu: "Jesus Christus sagt: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Angst der Welt und die Welt überwunden! Es ist, wie der Michaelsgeist des Joseph Weißenberg sagt: Alles steht in der Bibel, der Heiligen Schrift. Die Bibel ist kein Märchenbuch; sie wird euch immer wieder Kraft und Ausrichtung in Stunden der Verzweiflung und Not geben. Sie gibt euch immer wieder Halt und Festigkeit im Glauben."